Sie beschrieb uns die Situation vor Ort, die wir hier einmal schildern wollen, weil sie sich problemlos auf alle uns bekannten privaten Futterstellen in Deutschland übertragen lässt. Die Ausgangssituation ist immer die gleiche: Ein tierlieber Mensch bemerkt in seinem Umfeld Tiere in Not, d.h. hungernde, scheue und tierärztlich unversorgte Katzen. Er beginnt sich dieser Tiere durch Fütterung anzunehmen, um ihre schwierige Situation dadurch zu verbessern. Darauf reagiert das direkte Umfeld mit den üblichen Sprüchen: „Wenn man eine füttert, werden es immer mehr“; „Die Viecher verbreiten Krankheiten.“; „Durch das Futter wird Ungeziefer angelockt.“; „Man sollte sie vergiften, anstatt sie zu füttern“. Diese Liste absurder Äußerungen lässt sich beliebig fortsetzen. Wenn der tierliebe Mensch sich trotzdem nicht davon abhalten lässt, diese herrenlosen Katzen, die mitten unter uns in unserer Wohlstandsgesellschaft ums Überleben kämpfen, zu füttern, wird versucht, Sanktionen zu erwirken.
So war es auch in dem Fall von Frau W. in Neuss. Sie initiierte vor vielen Jahren die Kastration der Tiere, die dann durch einen Kooperationspartner von uns vor Ort durchgeführt wurde. Die damalige Hausverwaltung des Gebäude- und Grundstückkomplexes beteiligte sich zu diesem Zeitpunkt sogar an den Kosten. Neben der täglichen Versorgung der mittlerweile schon in die Jahre gekommenen Katzen (die Älteste ist ca. 16 Jahre alt) stellte Frau W. hinter dem Haus vier kleine Boxen auf, in denen sich die Tiere auf wärmenden Decken ausruhen und Schutz suchen konnten. Die meisten Mieter des Hauses von Frau W. stören sich nicht an den Katzen. So gibt es durch die Anwesenheit der Tiere rund um „ihr“ Haus auch keine Mäuse oder Ratten. Einige Mieter der anliegenden Häuser werden nicht müde, Frau W. zu verdeutlichen, was sie von ihr und der Fütterung der Tiere halten, nämlich nichts. Das führt dann wie überall in Deutschland dazu, dass man sich für ein ehrenamtliches Engagement und dafür, dass man nicht zu den „Wegsehern“ gehört, auch noch bösartige Bemerkungen seiner Mitmenschen anhören muss.
Die Auflagen der Wohnungsbaugesellschaft wurden eingehalten
Zumindest wird die Fütterung der Tiere vom Eigentümer der Wohnanlage, einer Wohnungsbaugesellschaft aus Düsseldorf, geduldet. Eine Auflage dabei ist, dass keine Futterbehältnisse und kein Futter nach der Fütterung auf dem Grundstück verbleiben. Das bedeutet für Frau W., dass sie die Tiere füttert, wartet bis alle gefressen haben und dann die Näpfe wieder mitnimmt und säubert. Diese Regelung wird vor Ort eingehalten und somit können beide Parteien gut damit leben.
Nun steht Frau W. aber vor einem Problem: Seitens der Wohnungsbaugesellschaft wurde ein Schreiben an alle Mieter verschickt. Sie werden darin aufgefordert, aufgrund von Brandschutzbestimmungen, alle Gegenstände aus dem Treppenhaus und dem Bereich hinter dem Haus zu entfernen. Dies betrifft auch die aufgestellten Katzenboxen. Bei der persönlichen Kontaktaufnahme mit der Gesellschaft konnte keine zufriedenstellende Lösung gefunden werden. Man äußerte sich dahingehend, dass man ja schon die Fütterung toleriere, aber mehr sei nicht möglich. Frau W. war der Verzweiflung nahe. Sie sah ihre so lieb gewonnenen Katzen schon frierend auf dem Grundstück sitzen und das in der kalten Jahreszeit und bat uns um Hilfe.
Wie immer in solchen Fällen nahmen wir zunächst selbst Kontakt mit der Gesellschaft auf. Man schilderte uns die Situation. Man wäre Frau W. mit der Erlaubnis der Fütterung der Tiere schon entgegen gekommen und müsste sich oft genug mit Beschwerden der anderen Mieter bezüglich der Katzen auseinandersetzen. Schließlich müsse man als Eigentümer für alle Mieter ein offenes Ohr haben. Mehr Entgegenkommen sei nicht mehr möglich. Die Schutzhütten, die äußerst unansehnlich seien, müssten entfernt werden. Lediglich die Frist dafür wurde noch einmal für alle Mieter verlängert. Man verwies uns an die Stadt Neuss, denn das Grundstück der Häuser liegt direkt an einem Park. Dort sollten wir erfragen, ob wir nicht auf der anderen Seite des Grundstückszauns eine Hütte aufstellen dürften. Zitat der Mitarbeiterin: „Das würde uns dann nicht stören, wenn auf dem städtischen Grundstück etwas steht“.
Unsere Einwände, dass es sich ja nicht um Privatkatzen von Frau W. handele und dass die Tiere kastriert und mittlerweile schon in die Jahre gekommen seien, es sich somit um eine tierschutzgerechte Bestandsreduzierung handele, wurden nicht akzeptiert. Auch die Tatsache, dass die Tiere nach so langer Zeit der Fütterung einen Bestandsschutz haben und dort weiter gefüttert werden müssen, wurde mehr oder weniger abgetan. Trotzdem boten wir an, eine neue Schutzhütte im Bereich des Gartens aufzustellen, weit genug vom Haus entfernt, so dass es keine Probleme mit den einzuhaltenden Bestimmungen gibt. Die Hütte sollte auch ansprechend genug aussehen, um andere Mieter nicht zu stören. Leider lehnte man dieses Angebot bislang ab, mit dem erneuten Hinweis auf die Großzügigkeit der Duldung der Tiere auf dem Gelände.
Auch das Ordnungsamt konnte nicht helfen
Wir nahmen zunächst Kontakt mit dem zuständigen Ordnungsamt auf. Dort wurde unsere Bitte ebenfalls abgelehnt. Man begründete es damit, dass in dem Park viele Jugendgruppen unterwegs seien und man davon ausgehen müsste, dass eine Hütte nach kurzer Zeit dem Vandalismus zum Opfer fallen würde. Abgesehen davon sei das Aufstellen von privatem Eigentum auf städtischem Gelände nicht zulässig. Wir müssen also wieder versuchen, eine Lösung mit der Wohnungsbaugesellschaft zu finden. Inwiefern das möglich sein wird und zu welchem Kompromiss man dort bereit ist, ist schwer einzuschätzen. Fakt ist wieder einmal, dass unser Einsatz und Kampf für die vielen namenlosen Seelen auf der Straße sehr viel Zeit, Energie und Nerven kostet. Es erschreckt uns immer wieder, wieviel Unverständnis bei vielen Menschen vorherrscht. Alleine die Tatsache, diese Maßnahme in den kältesten Monaten des Jahres durchzudrücken, ist schon Ausdruck genug für ein fehlendes Mitgefühl gegenüber den Straßenkatzen. Wir hoffen inständig noch eine Lösung zu finden, die es den Tieren ermöglicht, zumindest einen kleinen Bereich in ihrem Lebensraum zu haben, in welchem sie nicht Angst vor Vertreibung, Gewalt und bösartigen Menschen haben müssen. Wir halten Sie über die Geschehnisse auf dem Laufenden.